Annas Geschichte
inzwischen unter Denkmalschutz gestellt –
die Mühle Anna hat eine bewegte Geschichte.
-
Anna
Wie sie nach Rieseby kamVorspiel
Am 1. Oktober 1880 verkaufte der Gastwirt Georg Friedrich Theodor Petersen ein Landareal von 8 Tonnen à 260 Quadratruthen an Peter Möller in Rabel zur Errichtung einer Mühle. Möller beauftragte daraufhin den Mühlenbauer Peter Mau aus Sterup mit dem Bau einer Mühle auf dem Gelände. Gebaut wurde ein Galerie-Holländer mit Steert. Im Jahre 1882 verkaufte Peter Möller aber den Grundbesitz mit Mühle an den Müller Heinrich Karl Jakob Mau. Anschließend war dann Peter Boysen der Besitzer. Während dieser Zeit schon erlebte der junge August Mordhorst seine Lehrjahre auf der Mühle in Norby/Rieseby.
Der Brand
Im Mai 1910 sollte August Mordhorst schließlich selber Pächter der Mühle werden, doch nur wenige Tage zuvor brannte die Mühle nieder. Auf der Suche nach einem kurzfristigen Ersatz wurde man auf der Halbinsel Eiderstedt in Westerhever fündig: Hier lag die Mühle Anna (den Namen hatte sie bereits damals!) „auf Abbruch“. Zwischen 1908 und 1910 wurde sie wohl abgebrochen, nachdem sie wohl schon viele Jahre nicht mehr genutzt wurde. Sie wurde 1786 als Erdholländer mit Segelbespannung auf einer Warft errichtet, das große Kammrad trägt daher auf einer Verstrebung die Bezeichnung „ID 1786“. In Rieseby errichtete man für den Erdholländer zunächst einen dreigeschossigen Unterbau mit einer Galerie, direkt im Verbund mit dem villenartigen Fachwerkhaus des Müllers. „Anna“ machte sich mit Pferdefuhrwerken auf die Reise von Westerhever nach Rieseby.
Bau und Inbetriebnahme
Beim Bau wurde August Mordhorst weitgehend freie Hand gelassen. Der hölzerne Turm wurde auf einen zweistöckigen viereckigen Unterbau gesetzt und das villenartige Wohnhaus direkt als Anbau umgesetzt, was durchaus unüblich war. Das Innere der Mühle wurde modern eingerichtet, es gab Platz für vier Mahlwerke, die sowohl mit Windkraft als auch mittels Elektromotor betrieben werden konnten. Beim Bau wurden die Flügel und eiserne Bruststücke (das sind die Bauteile, die die Flügel aufnehmen) der „Grünen Mühle“ verwendet, die 1911 auf dem Mühlenberg neben dem Friedhof in Eckernförde-Borby abgebrochen worden war. Die vorher mit Segeln bestückten Flügelflächen bestanden aus Jalousienklappen, die über einen zentralen Mechanismus in verschiedenen Winkeln zum Wind gestellt werden konnten und damit eine Anpassung an wechselnde Windstärken möglich machten. Statt des Steerts bekam „Anna“ eine Windrose, die mechanisch ohne Zutun des Müllers die Mühle in den Wind drehte. Noch vor dem 1. Weltkrieg nahm August Mordhorst die Mühle Anna in Norby in Betrieb.
-
Betrieb
Die Unterhaltskosten für eine Mühle waren hoch – die Flügel mussten ca. alle zehn Jahre repariert werden, jährlich waren Farbanstriche und laufend die Beseitigung kleinerer Schäden durch Wind und Wetter fällig – und windunabhängige Großmühlen waren eine ernstzunehmende Konkurrenz. Das Mühlensterben war bereits im Gange und wurde von den beiden Weltkriegen nur verzögert: sie wurden gebraucht, um die hungernde Bevölkerung zu versorgen. So wurden täglich in einem vereinfachten Verfahren ungefähr 150 Zentner Hafer gemahlen, der sonst hauptsächlich als Viehfutter eingesetzt wurde. Dieser fiel seinerzeit aber nicht unter das Bewirtschaftungsgesetz zur Verteilung von Lebensmitteln.
Im Jahr 1947 übergab August Mordhorst den Betrieb, der mittlerweile auch eine Bäckerei mit einschloß, an seinen Sohn Ludwig. Mit der Kraft ihrer Flügel trieb Anna gleich mehrere Mahlgänge an.In den fünfziger Jahren gab es nochmals eine Zeit des Aufschwungs, in der die Mühle zur Saatreinigung und zur Herstellung von Schrot zur Schweinemast genutzt wurde. Der wirtschaftlich erfolgreiche Betrieb der Mühle fiel in den folgenden Jahrzehnten zusehends schwerer, so dass in den siebziger Jahren nach einem Käufer gesucht wurde.
Außerdienststellung, Renovierung und Verfall
Im Jahr 1978 war es soweit: „Anna“ wechselte den Besitzer, wurde umgebaut und renoviert. Sie bekam neue Flügel, die Kappe wurde erstmals abgenommen und instandgesetzt. Die Mühle bekam eine neue Galerie und neue Fenster und Türen, es wurden Wohnungen eingerichtet. Die Aufgabe erwies sich aber leider als zu groß und so wechselte „Anna“ erneut den Besitzer. Nachdem das Windrad bereits zerbrochen war, brachen jetzt die Flügel nacheinander ab und die Mühle verfiel zusehends. 1991 gingen Wohnhaus und Windmühle in die Zwangsversteigerung, die Wege trennten sich: Das Wohnhaus ging erneut in Privathände (und wurde fortan bestens gepflegt!), Mühle und Sägerei wurden Eigentum der Gemeinde Rieseby.
-
Restaurierung und Umbau zum Museum
Ausgehend von der Idee Wilhelm Bronnmanns, dem Gründer des damaligen „Arbeitskreises Riesebyer Heimatgeschichte“, ein Heimatmuseum einzurichten, wurde die Mühle grundlegend restauriert. Erneut wurde die Kappe abgenommen und mit einem neuen Kupferdach versehen. Aus Holland wurden neue Stahlruten für die Flügel geliefert und diese zusammen mit der erneuerten Kappe montiert. Eine betriebsfertige Herrichtung schied leider aus Kostengründen aus, die Flügel blicken nun dauerhaft nach Osten und die Windrose hat keine Funktion. An windigen Tagen mit Ostwind kann „Anna“ aber immer noch die (nicht bespannten) Flügel drehen und ist weithin sichtbar.
Heute
Nicht nur die Mühle dient heute als Museum, auch die Alte Sägerei wurde museal eingerichtet. Zusätzlich entstanden ein Göpelschuppen, eine Wagenremise, ein Brotbackofen, ein Bienenhaus und eine Obstwiese. Im ehemaligen Müllerhaus hat sich das Künstlerehepaar Heidi und Holli Schröder ein kleines und feines Atelier eingerichtet.